die-sozialstation

Lindauer Zeitung vom 02.09.2018 von ISABEL KUBETH DE PLACIDO

 

„Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz“, heißt die neue Ausstellung, die das Landratsamt Lindau und die Sozialstation im Foyer des Landratsamtes zeigen. Dabei beschränkt sich die Ausstellung auf ein einziges Stück: Auf einen riesigen Kopf. Zum einen, weil eben im Kopf die Ursache von Demenzerkrankungen zu finden ist. Gleichzeitig soll er ein Symbol dafür sein, dass sich in den Köpfen aller etwas ändern muss. Für einen respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Demenzkranken sprach sich Dr. Stefan Czischke, Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie sowie Leiter der Akutgeriatrie der Rot-Kreuz-Klinik Lindenberg, aus, der mit seinem Fachvortrag über Demenz die Ausstellung eröffnete.

Von der Ausstellung selbst haben sich die Organisatoren eigentlich etwas mehr erhofft. „Sie ist ein bisschen enttäuschend“, fand Margret Mader, die als stellvertretende Landrätin die Ausstellung eröffnete. Auch Gerhard Fehrer, Geschäftsführer der Sozialstation Lindau gab zu, dass der vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Wanderausstellung konzipierte Kopf „mickrig“ sei. Was jedoch nichts am Sinn und Zweck der Ausstellung ändert. „Es geht darum, das Thema Demenz in die Mitte der Gesellschaft zu rücken“, erklärte Mader und betonte: „Gut, wenn Menschen da sind, die wissen, dass das Herz nicht dement wird.“

Demenz hat sich zur Volkskrankheit entwickelt und wird in Zukunft noch mehr Menschen betreffen. Und zwar nicht nur Erkrankte, sondern auch deren Angehörige. Schon jetzt ist es so, dass in Bayern 70 Prozent der Dementen zu Hause bleiben und von ihren Angehörigen versorgt werden. Kein Wunder also, dass die Ausstellung, zumindest bei ihrer Eröffnung, auf großes Interesse stieß. Mehr als 50 Besucher kamen ins Landratsamt. Vor allem auch, um sich von Czischke über die Erkrankung informieren zu lassen. In seinem Vortrag erklärte der Experte nicht nur, wie sich Demenz feststellen lässt, und was die Krankheit eigentlich bedeutet, welche Formen sie hat und wie sie verläuft, sondern riet ausdrücklich dazu, dass Angehörige offen mit der Krankheit umgehen, sich Hilfe holen und Beratungsangebote nutzen sollen. Und er machte auch klar: „Demenz ist nicht heilbar.“ Allerdings könne ihr Verlauf verzögert werden. Durch Medikamente, aber auch durch Therapien. So würden etwa Musik- und Bewegungstherapien oder spezielle Trainingsprogramme die noch vorhandenen Kompetenzen der Erkrankten stärken, ohne sie zu überfordern und ihnen Erfolgserlebnisse verschaffen. Darüber hinaus gab Czischke den Interessierten viele Tipps zum richtigen Umgang mit Demenzkranken.

„Akzeptieren Sie einen Demenzerkrankten so, wie er ist. Er hat zwar Defizite, aber das ändert nichts an ihm als Mensch“, betonte er und erklärte, dass man nicht über unangemessene Reaktionen des Dementen lachen solle. Beim Gespräch gelte es Blickkontakt herzustellen und in kurzen Sätzen ohne Verschachtelungen, zu sprechen. Jeder Satz solle nur eine einzige Botschaft enthalten. Antworten solle man geduldig abwarten. „Ein freundlicher Umgangston hilft, damit der Demenzerkrankte ausgeglichen ist“, sagte Dr. Stefan Czischke und riet von sinnlosen Diskussionen ab. „Gehen Sie stattdessen auf seine Gedankenwelt ein, lenken Sie ein oder lenken Sie ihn ab.“

Zudem ermutigte er Angehörige wie Pflegende dazu, sich „ein dickes Fell“ zuzulegen, nicht jede Bemerkung allzu persönlich zu nehmen oder sie ganz zu überhören. Er empfahl auch dem Erkrankten unauffällig, etwa durch Orientierungshilfen in der Wohnung oder Notizzettel, zu helfen, auf keinen Fall in Babysprache mit ihm zu sprechen und dem Tag durch Routine und Rituale eine Struktur zu geben.